Feiern können die Briten, Straßen bauen nicht so ...

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Wrong side my dear

30.07.2022
Stopp: Eastbourne
gefahrene km: 86,22 km

Da es heute kein Frühstück gibt, entscheide ich mich kurz entschlossen noch mal hoch in die Stadt zu fahren und beim ASDA etwas zu kaufen. Der Laden macht schon um 7 Uhr auf.
Also Rosinante mit dem Aufzug nach unten gebracht und schnell den Berg hoch in die Stadt gestrampelt.
Hätte ich gewusst wie die nächsten 80 km werden, hätte ich mir das vielleicht noch mal überlegt oder was anderes zu essen gekauft.
Ich checke aus und fahre los. Falsch, nach den ersten paar 100 m muss ich schon absteigen und den Berg hochschieben. Aber wenigstens geht's danach noch schön an der Strandpromenade lang.
Da ich mich für den etwas kürzeren Weg entschieden habe, werde ich aber bald weg von der Küste durch das Landesinnere geführt. Ich hoffe, das war nicht nur von den Kilometern her die richtige Entscheidung.
Die Straßen hier sind fürchterlich, viele Schlaglöcher und Unebenheiten. Fahrradwege sind hier Mangelware. Hier und da gibt's welche, aber häufig hören sie einfach plötzlich wieder auf und fangen wieder. Da fährt man am besten gleich auf der Straße.
Und das tue ich auch die meiste Zeit. Tatsächlich fahre ich auf Bundesstraßen und die Autos rasen nur so an mir vorbei.
Aber immerhin vergisst man so nicht, dass man in England ist und links fahren muss.
Ich lache als ich feststelle dass ich gerade einen Kreisverkehr intuitiv richtig rum gefahren bin, ohne dass ein Auto drinnen war an dem ich hätte abgucken können.
So fahre ich also, mit meinem alten Begleiter dem Gegenwind, die ersten 40 km.
Irgendwo mitten auf der Strecke steht ein Schild was eine Farm in der Nähe ankündigt die Automaten aus den man 24 Stunden Sachen ziehen kann hat. Das gucke ich mir natürlich an.

Gerne hätte ich mir den Saft gezogen aber in der Glasflasche hätte ich den nicht gut transportieren können. Deshalb kaufe ich mir selbstgemachten Fudge.

Nicht schlecht, aber fürchterlich süß das Zeug. Das scheint aber was wirklich Britisches zu sein.

Jetzt gesellt sich zum Gegenwind und dem schlechten Straßenbelag auch noch die ein oder andere Steigung.
Und es werden immer mehr.
Nach einem ziemlich langen Anstieg, findet sich ganz oben eine kleine Teestube.

Da hole ich mir erstmal zwei Eis.

Immer öfter geht es auf und ab.
Schlimmer noch, immer häufiger muss ich für das "auf" sogar absteigen. Das Gepäck hinten drauf macht sich bemerkbar.

Ich komme aber auch durch schöne Städte wie Rye.

Gucke da bei einer lokale Boccia Meisterschaft zu,

lerne etwas über den Green Man

und fahre an einem Flohmarkt mitten im nirgendwo vorbei.
Unterwegs treffe ich sogar den Franzosen mit dem Rennrad von der Fähre wieder. Er hat es mit seinem Rennrad auf diesen Straßen natürlich noch schwerer als ich.

Irgendwann fährt ein Haufen Feuerwehr und einige Krankenwagen mit Sirenen an mir vorbei. Tja, wie macht man jetzt in England eine Rettungsgasse?
Ein paar Kilometer weiter treffe ich auf diese umfunktionierte Telefonzelle.

Ungefähr eine halbe Stunde später stehe ich vor einer Straßensperre. Der Aufpasser sagt mir, dass ich mit meinem Fahrrad ganz ganz vorsichtig weiterfahren kann, aber ich soll wirklich ganz vorsichtig sein.
Also fahre ich die Straße weiter und treffe auf die ganzen Krankenwagen und Feuerwehren, die vorhin an mir vorbeigefahren sind. Ich weiß nicht was passiert ist, aber es ist ein heilloses Durcheinander. An jeder Ecke stehen Leute die die Straßen absperren. Ich vergesse kurz, dass ich in England bin und bekomme sofort von einer der netten Damen die den Verkehr umleiten zugerufen: "Wrong side my dear!".

Als kompletter Kontrast dazu lande ich einige Kilometer später in Bexhill-on-Sea mitten im Carnival.

Kein Wunder, dass ich hier kein Hotelzimmer mehr bekommen habe.
Auch wenn die Kinder mit Tüten in der Hand am Straßenrand stehen, ich sehe niemanden Bonbons werfen. Dafür laufen aber viel aus dem Umzug mit Spendendosen herum und sammeln von den Zuschauern Geld.
Carnival läuft hier wohl etwas anders als bei uns.

Der Weg zu meinem nächsten Aufenthaltsort führt mich wenigstens wieder am Strand vorbei.

Als ich ziemlich erschöpft in Eastbourne ankomme, bin ich froh, dass mich der Zufall hier in diesem Ort geführt hat. Die Strandpromenade und der Pier sehen einfach cool aus.

Auch mit dem Hotel habe ich wieder Glück gehabt, das "Cumberland" liegt direkt an der Strandpromenade und auch nicht weit weg vom Pier.

In englischen Hotels habe ich immer so ein wenig das Gefühl eine Zeitreise zu machen, Bridergton ich komme. Aber erst schnell duschen und ab in die Stadt.
An der Promenade ist so eine Mischung aus Street Food Festival und Markt aufgebaut.

Hier wird auch Fudge verkauft, in ganz vielen Sorten.

In der Stadt ist wieder einiges los. Irgendwie scheint die Seaside momentan ein sehr beliebtes Ziel zu sein. Bis jetzt war für mich Seaside ja nur der Hafen bei Fähreinfahrt. Länger konnte ich hier ja noch nie an der Küste bleiben, ich musste immer gleich weiter ins Landesinnere.

Nach der ganzen Anstrengung heute gönne ich meinen Beinen am Abend ein Bad und Retterspitz.

Was ich die letzten zwei Tage so feststellen konnte, weibliche Engländer gibt es in drei Farben.
Meist weiß oder leuchtend rot, aber hin und wieder auch in Selbstbräuner orange.
Und egal ob es abends kalt wird, die Mädchen bleiben luftig gekleidet.

Axel Nordmann

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