Der Berg ruft

Axel Nordmann 0 Comments
Stopp: Quarten 🇨🇭
gefahrene km: 78

Wenn einen die Frühstückseier am Morgen schon angrinsen, dann kann der Tag nur gut werden. Das Frühstück selber ist in Ordnung, kann aber bei weitem nicht mit denen aus Frankreich mithalten. Hinzu kommt noch, dass die Dame durch die Hektik mit der sie alles in der offenen Küche und im Speisesaal macht eine gewisse Unruhe verbreitet.

Aus den Erfahrungen der letzten Tage gelernt habe ich die Strecke etwas angepasst. Ursprünglich waren heute ungefähr 110 km bis nach Lichtenstein, genauer gesagt Vaduz, geplant. Nachdem es gestern schon mit der Zeit nicht hingehauen hat, da es unter anderem hier und einig Höhenmeter zu bewältigen gab, habe ich die Strecke etwas angepasst. Jetzt sind für heute nur noch 80 km geplant, immerhin sind wir in Richtung Alpen unterwegs. Auch wenn wir hoffentlich an deren Fuße bleiben, wird sich das sicher bemerkbar machen. Denn ehrlich gesagt, gestern gab es auch schon mehr Anstiege als ich erwartet hatte. Dadurch verkürzt sich der Aufenthalt in Vaduz zwar auf einen Tag, aber anderseits kommen wir dort auch viel früher am Tag an. So gleicht sich das vielleicht einigermaßen aus. Und da die Hauptstadt von Liechtenstein ein teures Fleckchen ist, übernachten wie noch einmal in der Schweiz. Aber nur einen Katzensprung weit entfernt.

Aber erstmal geht es, nach einer kurzen Fahrt durch die Stadt, am Zürichsee entlang. Und das Wetter zeigt sich heute wieder von seiner besten Seite. Diese Kombination ist gerade einfach unschlagbar. Die Navigationssoftware versucht uns immer wieder von der Hauptstraße durch Seitengassen zu führen. Mal davon abgesehen, dass die Seitengassen ein stetiges bergauf und bergab bedeuten würden ist die Aussicht hier unten am See wirklich wunderschön.

An einem Aldi machen wir Rast und holen uns etwas für ein kleines zweites Frühstück und unterwegs. Und bevor wir das traumhafte Blau des Sees verlassen machen wir dort Rast und gehen auch noch bis zu dem Knieen rein. Wie gerne würde ich hier jetzt schwimmen gehen.

Irgendwann verändert sich das Panorama leider und das Blau wechselt zu Grün mit hohen dunklen Bergen im Hintergrund.

Mit Bergen an sich habe ich bisher keine großen Berührungspunkte gehabt. So auf dem Fahrrad sitzend ist das Panorama wirklich atemberaubend. Aber irgendwie sind die Berge auch ziemlich einschüchternd. Immer wieder habe ich das Gefühl mich kneifen zu müssen so surreal kommt mir das ganze vor.

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Und ich bin unheimlich froh, dass der Fahrradweg in der Regel nur an den Bergen vorbeiführt. Hin und wieder gibt es zwar auch leichte Steigungen die überwunden werden müssen aber wenn es richtig schlimmer werden würde, dann sind Tunnel durch den Berg getrieben worden.

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Die Route führt an drei Seen vorbei, Zürichsee, Obersee und Walensee. Wovon zwei malerisch zwischen den Bergen liegen, was für unglaublich idyllische Eindrücke während der Fahrt sorgt.

Richtig anstrengend wird es erst kurz vor dem Ziel des Tages. Auf der Hotelseite heißt es unter anderem: "Eingebettet in einzigartiger Natur, hoch schwebend über dem Walensee mit atemberaubendem Panoramablick auf die Churfirstenkette, befinden sich das moderne Digitalhotel" und "Beste Aussichten für beglückende Ferien und erfolgreiche Seminare.". Was nur in schönen Worten umschreibt, dass das Hotel auf einem Berg liegt. Und der letzte Aufstieg hat es in sich. An der Straße werden gerade umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt. Was in diesem Fall schlichtweg nichts anders bedeute als, es ist keine Straße vorhanden. Der Weg besteht nur aus einigermaßen verdichteten Schottersteinen. Die meiste Zeit muss ich das Fahrrad schieben da weder der Untergrund noch die Steigung es mir möglich machen zu fahren. Als wir am Hotel ankommen, bin ich fix und fertig.

Zu allem Überfluss muss ich jetzt auch feststellen was Digitalhotel bedeutet. Ich checke mich an einem Computer im Vorraum selber ein, darf alle meine Daten von Hand eingeben und meine Zimmerkarte auch noch selber beschreiben. Das hätte ich mir gerne gespart, ich möchte einfach nur unter die Dusche und was Essen.

Das Hotel wird von christlichen Nonnen geleitet, die mir immer freundlichen helfen wollen, wenn ich etwas verloren wirke. Und da ich an der, nicht existenten, Rezeption nicht nach einem Stellpatz für die Fahrräder fragen konnte, sah ich wohl etwas hilfesuchend aus. Und in diesem Hotel findet man wirklich alles, was das Radtouristen-Herz begehrt. Einen großen, kameraüberachten Veloraum, WLAN im ganzen Haus, Zutritt zur Vitaloase mit Infrarotkabine, Sauna, Fitness und Ruheraum, sowie freie Nutzung von Bügel- und Waschraum. Und wenn wir nicht so Hunger und etwas mehr Lust und Zeit hätten würden wir vom Waschraum auf jeden Fall Gebrauch machen. Und auch die Sauna klingt sehr verlockend. Aber erst mal duschen und Essen, dann schauen wir weiter.

Die Dusche ist schnell abgehakt, mit dem Essen sieht es etwas schwerer aus. Laut Google Maps gibt es eine nicht so gut bewertet, kleine Pizzeria um die Ecke und ein gut bewertetes Schweizerisches Restaurant unten im Tal. Wir entscheiden uns für den 1,5 km langen Abstieg ins Tal. Das Dorfbeizli "Freieck" geizt ein wenig mit Gastfreundschaft oder Servicebereitschaft ein hier ein Fremdwort. Obwohl, für die Stammkundschaft scheint es beides zu geben. Denn dort sitzt die Gastwirtin lieber, als dass sie uns das Gefühl gibt bedienen zu wollen. Wir bekommen trotzdem einen Tisch zurecht gemacht, zwei Puten-Schnitzel ("Schwein habe ich nicht mehr"), Fritten und zwei Natur-Radler. Das Essen ist okay, genau wie das Radler, aber mittlerweile hätte ich mich doch lieber für die Pizza entschieden.

Nach dem Essen geht es noch mal an den Hafen, bevor wir wieder den Berg hoch müssen.

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Mittlerweile lugt die Sonne nur noch ein wenig hinter den Bergen hervor. Noch einmal ein schöner Anblick am Ende des Tages. Auf dem Weg hoch zum Hotel entdecken wir nicht allzu weit weg noch einem kleinen Hirsch. Vom Balkon des Hotelzimmers sieht man die letzten Strahlen der Sonne, bevor sie ganz unter geht.

Axel Nordmann

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